Embodiment – denn wir denken sowieso mit dem Knie

„Ich denke sowieso mit dem Knie“ – so Josef Beuys. Für manche Menschen ist der Körper unterhalb des Kopfes eher dazu geeignet, sie von A nach B zu bringen. Ein Transportmittel. Andere haben eine Beziehung zu ihren Körper beim Sport, Wandern, Yoga und anderen Aktivitäten, die einem gut tun und ein gesundes Wohlbefinden bewirken können. Wenige Menschen in unserem Kulturkreis haben jedoch eine bewusste Verbindung zu ihrem Körper, während sie arbeiten – sofern ihre Arbeit dies nicht konkret beinhaltet.

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Im professionellen Umfeld sind wir sozialisiert, uns auf den Verstand zu beziehen. Wir wollen und sollen rational handeln. Das wissen wir seit Descartes. Oder auch nicht, denn aktuellere Forschungen beschreiben etwas ganz anderes. Der Geist (Verstand) ist immer eingebettet in einen Körper – und dieser in einen Kontext – die Umwelt. Was wir denken geschieht nie unabhängig davon, was wir fühlen und in welchem Kontext wir uns befinden.

Wir haben in älteren Hirnarealen ein emotionales Erfahrungsgedächtnis, welches wichtige Erfahrungen, die wir gemacht haben, gespeichert hat. Darüber hinaus ist uns hier auch der Zugang zu unserem Ahnenschatz zugänglich – über die Menschheitsgeschichte gelerntes Erfahrungswissen. Diese Hirnareale  teilen sich uns nicht sprachlich mit, sondern über Affekte (Gefühle) und Bilder. Spürbar wird das emotionale Erfahrungsgedächtnis über den Körper.

Wir können unseren Körper als wichtige Informationsquelle nutzen, wenn wir lernen, ihm zuzuhören. Über unser Körperfeedback haben wir Zugang zu unserem Bauchgefühl, der Intuition, bei der man spürt, dass etwas uns anzieht oder abstößt; neugierig macht oder eher zurückhaltend; wo wir ein inneres „ja“ oder „nein“ empfinden. In der Comicsprache ist dies das typische „Grmpfl“ oder „Mmmm“, da wir für diese Gefühle (Affekte) meist keine Worte haben. Sie sind wichtige Informationen, die uns ermöglichen, mehr von unserem emotionalen Erfahrungsgedächtnis zu nutzen und – in Abstimmung mit dem Verstand – stimmigere Entscheidungen zu treffen.

Dies bedeutet, dass wir unter Umständen bessere Einschätzungen und Entscheidungen treffen können, als dies nur auf Verstandesebene möglich gewesen wäre. Dazu sei aber gesagt, dass kein Mensch seine Entscheidungen auf reiner Verstandesebene trifft. Unser Stammhirn ist in Millisekunden bereit und schickt uns Bilder und Gefühle, die unsere Entscheidung lenken. Die Entscheidung wird also auf dieser Ebene getroffen und im Nachhinein vom Verstand rationalisiert. Gute Gründe lassen sich ja immer finden. Ein Hinhören auf das körperliche Feedback kann jedoch dazu beitragen, diese inneren Signale bewusst zu hören und zu nutzen.

Wofür kann dies im Berufsleben nützlich sein? In komplexeren Kontexten können wir uns immer weniger auf rationale Analysen verlassen. Wir müssen eher erlernen, lateral zu denken und die Intuition mit einzubeziehen. Zudem können wir unser persönliches Körperfeedback dazu einsetzen, langfristig gute und gesunde Entscheidungen für uns selbst zu treffen. Und nicht zuletzt können wir eigene Ziele und gewünschte Haltungen verkörpern und dadurch integrieren.