Neue Narrative erzählen: Was lernen wir aus diesen Zeiten für die Organisationen der Zukunft?
Kürzlich habe ich mein erstes Exemplar der Zeitschrift Neue Narrative bekommen. Abgesehen davon, dass ich dieses Magazin für neues Arbeiten wichtig und zeitgemäß finde, gefällt mir auch der Titel sehr. Das Narrativ als sinnstiftende Erzählung, die Einfluss darauf hat, wie die Welt wahrgenommen wird und wie wir darin agieren. Welche Narrative, welche Geschichten werden wir uns in den kommenden Jahren erzählen, über unsere Formen der Führung und Arbeit? Und welche Narrative entstehen jetzt gerade in Zeiten von COVID 19?
Ich selbst habe wie viele meiner Berater-Kolleg*innen ab Mitte März eine Welle von Stornierungen oder Verschiebungen meiner Aufträge erlebt, gefolgt von verschiedensten Versuchen, die Arbeit virtuell fortzuführen, parallel zu all der Informationsflut über das Virus und die schrittweisen Maßnahmen. Wirkliche Ruhe ist bis jetzt nicht eingetreten.
Und dennoch hat diese Zeit eine tiefere Reflexion in mir ausgelöst. Was kann ich persönlich daraus lernen, um die Krise als Chance zu nutzen? Und wie können wir dies gemeinsam als Kollektiv tun? In unseren Organisationen, Unternehmen, in den Schulen und anderen Einrichtungen? Wie lässt uns die Situation wachsen?
Für mich liegt der erste Schritt darin, die Dinge erst einmal so anzunehmen, wie sie sind. Und mich mit meiner eigenen Verwundbarkeit darin zu sehen als Teil eines großen Ganzen. Dazu gehört Hingabe an den Moment - und auch ein wachsamer Geist, der kritisch reflektiert und beobachtet.
Und bei all dem was jetzt wegbricht, die Frage nach dem, was bleibt? Was ist wichtig? Was brauchen wir jetzt und werden wir auch in Zukunft noch brauchen? Was bewährt sich?
Für mich ist spannend von Kolleg*innen zu hören und zu lesen, dass selbstorganisierte, agile Teams und Organisationen besser in diesen Zeiten zurechtkommen (z.B. Brendel online, 23.04.20: COVID 19 and the Vital Role of Organization Development). Agilität führt zu erhöhter Anpassungsfähigkeit in einer VUCA Welt. Organisationen, die selbst-organisiert bzw. mit verteilten Führungsrollen arbeiten, können relativ problemlos auch in einer dezentralen Homeoffice-Struktur zusammenarbeiten und bleiben entscheidungsfähig. Es bestätigt sich für mich, dass es auch jetzt ein guter Weg ist, Unternehmen in die kollegiale Führung bzw. in ihrem agiler werden zu begleiten.
Viele sagen mir, sie hoffen, dass wir als Menschheit etwas lernen aus dieser Zeit. Ich hoffe, die Erinnerung daran bleibt, während wir unsere Geschichten weiter erzählen. Mich interessieren dabei besonders die Geschichten, die die Selbstorganisation mit der Nachhaltigkeit verbinden. Sinn schaffen in dem, was wir tun – und Sinn schaffen durch die Art, wie wir miteinander arbeiten. Können wir diese Krise nutzen, um uns maximal auf eine Zukunft auszurichten, die auch für unsere Enkel eine wunderbare Welt ermöglicht? Wie können wir gerade jetzt in nachhaltige Produkte und erneuerbare Energien investieren? Und eine Form des Wirtschaftens ermöglichen, die dem Gemeinwohl dient? Was können wir aus unserer kollektiven Anpassungsleistung an COVID lernen, um diese Kompetenzen für andere, überlebenswichtige Veränderungen zu nutzen?
Vielleicht lese ich deswegen gerne die Neue Narrative. Es sind Geschichten, die Mut machen. Für die Zukunft! Ich hoffe, wir werden mehr von diesen Geschichten erzählen können…